Mittwoch, 22. Juni 2011

Ursula Gressmann: Überall



Schreie
verhallen ungehört
Friedensträume
ertrinken im Blut Unschuldiger
in den Herzen
ist es dunkel
doch
ungerührt
scheint der Mond
und kalt
blinken die Sterne

überall

Sonntag, 19. Juni 2011

Zwischeninfo 2

Solange die Juryarbeit für die Texte zur Friedenslesung 2011 läuft, wird die Führung dieses Blogs unterbrochen bzw. auf Zwischenmeldungen beschränkt.

Freitag, 17. Juni 2011

erste Zwischeninfo

Die 99 Prosatexte, die im diesjährigen Friedenslesungswettbewerb eingereicht wurden, werden voraussichtlich am 20.6. der Jury übergeben. Diese Teilzahl ist Rekord. Voraussichtlich mehr als 200 Lyriker beteiligten sich mit Gedichten. Die Bewertung dieser Beiträge beginnt später.

Donnerstag, 16. Juni 2011

Jürgen Polinske: Schlösser nicht, nicht Katen


Denkmale im Dorf

Das Auto stoppt, wir müssen wenden
sind durch den Ort hindurch, parken
ziehen zum Vergangenen hin, wie beschlossen
Im Milital soll unser Wandern enden

Ein Denkmal vor dem Friedhof steht
gewidmet Helden, jüngster Zeit
Toten des großen Krieges Nummer Zwei
Auch jenen, die es vom Himmel geweht

Weiß und sauber ist das Gestein
gestochen und so schwarz die Schrift
100 Meter von der Stelle verspricht Kafeneon
uns Rast. Hier beginnt der Weg ins Dorf hinein

Schutt liegt am Boden. Darauf fällt Licht
Stühle liegen, schon sehr alt,
jedem fehlt ein Bein …
Sorbas und Sirtaki? – Überall, hier nicht!

Mittwoch, 15. Juni 2011

Richard G. Richter: Tornados


Tornados, las ich im Lexikon,
sind Wirbelstürme, die je nach Region,
mit verschiedenen Namen genannt,
als Hurrikan oder Taifune bekannt.

Nichts desto Trotz, sie sind eine Gefahr,
wirken zerstörend Jahr um Jahr,
und viele Menschen fürchten sich halt
vor dieser windigen Gewalt.

Aus Gründen, die mir nicht bekannt,
wurden Kampfflugzeuge Tornado genannt,
mit denen man Menschen töten kann.
Deutschland schickte sechs nach Afghanistan.

Was haben die Menschen dort uns angetan?

Dienstag, 14. Juni 2011

Richard G. Richter: Vaterlandslose Gesellen


 Den Terminus „Vaterlandslose Gesellen“
hat einst Fürst Bismarck als Schmähung benützt.
Er meinte damit die Sozialdemokraten,
die damals noch die Armen geschützt.

Heute hat sich herauskristallisiert,
es gibt diese „Vaterlandslosen“ in echt.
Als Topmanager der Banken und Großkonzerne
kümmert sie weder Gesetz noch Recht.

Sie haben die „Globalisierung“ erfunden,
die weltweite Freiheit für das Kapital.
Was scheren sie Völker, Staaten und Grenzen?
Es geht um Profit. Sonst ist alles egal.

Was heißt das schon: Ein Leben in Würde?
Sie organisieren ausschließlich Rendite.
Entdecken sie dafür nur eine Hürde,
ziehen sie hungrig in neue Gebiete.

So zerstören sie für fiktives Geld
Völker, Kulturen, unser aller Leben.
Im Interesse der Menschen der Welt
muss man ihnen den Laufpass geben.

Montag, 13. Juni 2011

Jürgen Polinske: Der Fluss


Niedergebrannte Olivenbäume.

I.

Die Bombenlücke in der Häuserzeile

In Omas Küche das Granatsplitterloch
Der verkittete Durchschuß im eichenen Bücherschrank
-
Aus Opas Augen schoss Mündungsfeuer, manchmal
Omas Lippen pressten zur Ruhe sich
Hart gegeneinander





II.
Zwischen Königsgraben und Fluß
Auf den Nuthewiesen, am Eichenhain
Wir hockten in Höhlen, selbstgebauten, lauschten
Wie Wasser und
Wind im bremsenden Blattwerk
Vermischen ihr Rauschen
-
Ich hör diesen Ton
Sehe die Sonne über den Bäumen
Den Kiebitz seh ich auf seinem Gelege
Bis hinein in den Schlaf
Seh ich uns spielen
In Höhlen, nicht Unterständen
Und sehe
In der Häuserzeile
die Bombenlücke

Samstag, 11. Juni 2011

Enna Pertim: Auf dem Wege nach Korcula


 
Ein Gesicht
mir fremd
vor dem
'Mahnmal der großen Kriege'
 
Unsere Augen
halten sich fest
im Vorübergehen
 
Wir wissen beide
um die Fragwürdigkeit
Völker mordender Siege
 
(veröffentl. in 'Immer im Jetzt',  Buch &media, 2009)

Freitag, 10. Juni 2011

Enna Pertim: Visionen 90



Ängste
am Abgrund des drohenden Falls

Der Weg ein Taumeln
kein Gehen mehr
unf Zweifelndes bohrt sich
in körnigen Grund
rissigen Tiefen  entgegen

Jahre nutzlos vergehen
blind umwuchert
vernichtendes Randwerk
ein hohles Geäst

Wann wird aus dem Stürzen
sich anderes Tun befreien
Wo werden sich Suchende
findend verbinden
hinüberleiten die wunde Zeit
zu verantwortbarer Menschlichkeit

Wann werden
neue Flammen sich entzünden
zu echter Toleranz
sich Kräfte binden
die Fesseln alten Geistes sprengt
den wahren Kern der Menschen-Würde
nicht in Verachtung
niederbrennt

Donnerstag, 9. Juni 2011

Jürgen Polinske: Von Ritsos zu Ritsos bei Minos vorbei


                    I
Und wenn der Weg weit ist
Er wird mir nicht lang
Mit Aphrodite am Arm
ist es Schlendern, mit Pausen
im Baumschatten ruhen
ein Küssen vor aller Augen, am Meer
- Sie war dort geboren -
Aus Schaum, aus Wirbeln, aus Sand sind Zeichen
Der Strand versichert sich unserer Haut
-
und immer nur Zwei sind in einem Cafe
und Zwei nur auf einer Bank



II
Von Ritsos zu Ritsos bei Minos vorbei
und der Weg mag weit sein
mir wird er nicht lang
Ich sehe Kavafis
stehen, mutlos lächeln durch das Glas einer Tür
sie jedoch nicht durchschreiten
Im Cafe, am Tisch gegenüber schreit Miller:
Keinen Kaffee, keinen importierten Wein!“
Er rast und reißt Seferiades mit sich
Neruda arbeitet unbeeindruckt davon
Am Klavier Theodorakis bleibt auch
Sie bauen Worte und Noten
ein Großer Gesang:
Vom Lieben
über die Heimat
von der Verwegenheit der Wege
und den großen Traum
daß kein Blut nötig ist
und bei Minos kein Schwert

Jürgen Polinske: Ein ureigener Duft


für Achim D.


Einst, hartheiß umkämpft
das Kloster Arkadi
Auf dem Weg dorthin
ist Rast in Spili
Der Ort reibt sich noch Schlaf aus den Augen
Kaffeneonplätze sind frei
Ein Bäcker lockt
Wie eine Schleppe hängt uns Brotduft an

Wieder im Bus
Der rollt an, Richtung Arkadi
Es raschelt Papier
Plötzlich ist es
als sei der Bäcker zugestiegen
eröffnet seinen Laden
Der Nächste bricht Brot, reicht es der Runde
Im Bus duftet Frieden

Mittwoch, 8. Juni 2011

Jürgen Polinske: Nachmittag im alten Viertel


Kein Kaffeneon ohne Tische im Freien
Eine Nebenstraße in der Sonne
Sie beleuchtet warm die Nachrichten von gestern,
gilbt Zeitungsweiß, bleicht die Schrift
Die beiden Alten lesen nicht
Zwischen ihnen ein Teller Trauben
Sie schweigen dem Radio zu,
gehen dem Tod keinen Schritt entgegen und
dem ist der Weg zu weit noch zu ihnen
Ihm würde warm

Dann -
Die zwei Mütter, schwatzen
Die zwei Wagen, stehen
Seite an Seite die zwei Kinder darin
schreien, lachen, weinen, schlafen,
leben

Dienstag, 7. Juni 2011

Jürgen Polinske: Nichts als dies, sage ich Euch:


Ruft mich
Kassandra!
Glaubt nur nicht!
Mir ist es gleich
Mit Liebe, Licht und Dichtkunst
erschaffe ich meine Welt
Warme Städte, menschenfreundliche Häuser darin
mit Ausblicken von Balkonen auf Wälder, zum Meer
oder kleinen Gärten davor
Mädchen und Jungen arbeiten gemeinsam, malen
machen Sport, auch Musik, lachen an Tischen
wie Sonne in ihrem Wein in ihren funkelnden Gläsern
Uniformen braucht es nirgends
Glaubt nur nicht,
das alles hätte nicht Platz
auf eines einzelnen Streichholzes Spitze

Montag, 6. Juni 2011

Wolfgang Reuter: Bomben



Als die Bomben fielen
auf das schuldige Deutschland,
war ich noch sehr klein.  
Geweint soll ich haben,
erzählte mir später
meine Mutter.  


Kind in Gaza,
ich hoffe,
dass du deine Mutter
noch hast.

Sonntag, 5. Juni 2011

Michael Feindler: Intelligente Lebensformen

Die ganze Erde war zerstört.
Der fünfte Weltkrieg war vorbei.
Verhallt war auch der letzte Schrei
nach Frieden – er blieb ungehört.
Man hatte keineswegs verzichtet
auf Bomben und auf and're Waffen.
So war das Schlimme leicht zu schaffen:
die Menschheit hatte sich vernichtet.
Die Städte waren abgebrannt.
– ein Trümmerfeld nach einem Knall.
Die Leichen lagen überall.
Es gab kein Haus mehr, das noch stand.
Die Welt roch schrecklich nach Chemie.
Doch in dem Chaos, das entsetzlich,
da landete ein Raumschiff plötzlich
aus einer fernen Galaxie.
Dem großen Flugobjekt entstiegen
vier Wesen, grün mit gelben Streifen.
Sie ließen ihre Blicke schweifen.
Sie waren fassungslos und schwiegen.
„Entspricht Zerstörung hier den Normen?“
sprach schließlich einer von den vieren.
„Und zweitens frag’ ich: existieren
hier int'lligente Lebensformen?“
Ein and'rer sagte da: „Du weißt:
Es riecht nach Kriegen und nach Mord.
Zerstört ist weit und breit der Ort.
Wer's tat, war ohne jeden Geist.“

Samstag, 4. Juni 2011

Michael Feindler: Kriegsmärchen


Es war einmal ein Offizier,
der sprach zu einem Heer Soldaten:
„Vernichtet alle ander'n Staaten!
Denn Krieg steht wieder vor der Tür!
Genauso, wie den Feind im Süden,
erstecht den Gegner hoch im Norden!
Man zittere vor uns'ren Horden!
Zerstört das letzte Bisschen Frieden!“
Er rief es laut, mit stolzem Blick,
die Stimme voller Euphorie.
„Zwingt alle Feinde in die Knie
und kehrt mit einem Sieg zurück!“
Da sagte jemand unbefangen:
„Wir wollen niemanden erschießen
und sinnlos Menschenblut vergießen.
Uns ist die Lust am Krieg vergangen.“
Das war der allergrößte Spott,
den je der Offizier erfahren.
In seinen zwanzig Arbeitsjahren
gab's niemals einen Kriegs-Boykott
„Gehorcht!“ ertönte bald sein Brüllen.
„Verweigerung ist Hochverrat!“
Es widersprach ihm ein Soldat:
„Wir haben einen  
eig'nen Willen.“
Historisch wirkte diese Stunde
– hier war Unmögliches passiert.
Der Offizier schien irritiert
und schaute hilflos in die Runde.
Er gab sich irgendwann geschlagen,
denn  
er war in der Unterzahl.
Ihm blieb jetzt keine and're Wahl,
als alle Kämpfe abzusagen.
So siegte die Soldaten-Seite
mit frischem Pazifismus-Wind,
und wenn sie nicht gestorben sind,
dann herrscht der Frieden auch noch heute.
Anmerkung:
Es weiß doch wirklich jedes Kind,
dass Märchen bloß erfunden sind!