Sonntag, 24. April 2011

Winfried Paarmann: Frieden

Ob Frieden ist oder nicht
wird Abend für Abend
mit der Fernbedienung
auf dem Polstersessel entschieden.

Der Daumen, mit eingeübter Abwärtsbewegung,
wählt das lebendige Schlachtengemälde –:

Die Säbel-schwingenden Reitereskorten,
den Kriegsglanz der Imperatoren,
Kanonendonner und Pulverrauch;
Schlachtenlärm gleichfalls in der Version
von Flagggeschützen und Panzercorps.  
Auge und Ohr saugen sich fest
an den Kugelduellen der Schlitzohren
und Gangsterclans, am blutigen Showdown.
Sie lieben die Gruselparaden
von Killermonstern und Monstern mit Menschengesicht,
den schwarzen gepressten Schrei der Angst.
Sie delektieren sich an den Szenarien
apokalyptischer Katastrophen, zu Land, zu Meer,
Sie lieben den Krieg der Sterne, das Leuchtfeuerwerk  
explodierender Planeten.

Wer schrie da
nach Frieden?

Der Mensch,
dieser junge Wilde mit dem Kindergesicht,
mit den tausend Schreckensgesichtern,
mit dem dünnen Gewand von Zivilisation
auf den martialischen Schultern –
noch im Namen der Menschlichkeit
verbrennt er das Saatgut der Äcker,
das Saatgut der Städte, das lebende, das er selbst ist.
Der Mensch, dieses Raubtier mit sanfter
Krallen-bestückter Streichelhand,
mit der rauen, der harten, der klagenden,
der schmeichelnden, liebenden Stimme.
Der Mensch, dieser gutherzige,
dieser schreckensherzige unersättliche
irdische Raufbold
mit der Klinge im Gürtel, dem Textbuch
der guten Glaubenssätze unter dem Arm.
Der Mensch, der in allen Verwüstungen
unverwüstliche Wanderer
mit der verborgenen kosmischen Perle
im groben Wandergewand –-

Ist er
für den Frieden gemacht?

Wartet noch! 
Wartet noch ein Äon.
Vielleicht nur ein halbes, ein kleines,
ein schnell vorüber eilendes Minutenäon.

Erst wenn ein Amselton in der Frühe
uns mehr entzückt als die Kampfmusik  
aus glitzernder Klinge und Kampfmetall;
erst wenn das ausfliegende Lächeln aus einem Gesicht
uns heftiger anrührt und leuchten lässt
als der ausfliegende Pfeil aus dem Köcher
des Beutegängers mit lauerndem Blick,
sein Triumphschrei im Zeitalter-lange Spiel
von Unterwerfung, Gewalt und Tod --

Dann wollen wir sagen:
Wir haben den ersten probenden Schritt
auf die Straße des Friedens gesetzt.
Welch großes,
welch übermenschliches Abenteuer!

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